Punktgenau! Geokodierung: die Tücken der Standortbestimmung

Punktgenau! Geokodierung: die Tücken der Standortbestimmung

  • On 07/11/2020

Das Interesse an präziser Standortbeschreibung ist nicht neu: Schon die Habsburger plagten sich mit Vermessungsaufgaben. Was allerdings bis heute nicht zu endgültiger Klarheit führte.

Die 1764 angeordnete Josephinische Landesaufnahme bezweckte, die Besteuerung von Grundbesitz zu regeln, Konskriptions- und Steuergemeinden entstanden. 1817 griff das nächste Staatsoberhaupt ein, um das Land neu zu vermessen. Die noch heute im Grundbuch verwendeten Katastralgemeinden entstanden. Politische Gemeinden hingegen entstanden erst nach der Revolution von 1848.

Postleitzahlen, wie wir sie heute kennen, wurden in Österreich erst 1966 eingeführt. Zwar stellte Carl Bobe, der als deren Erfinder gilt, deren Systematik schon 1917 vor, diese wurden erst in viel gröberer Granulierung 1941 im Deutschen Reich umgesetzt.
Als Luis Krüger 1857 geboren wurde, war der Mathematiker und Geodät Carl Friedrich Gauß schon verstorben. Nach den beiden Forschern wurden die gleichnamigen Gauß-Krüger-Geokoordinaten benannt, die bis heute zum Beispiel auch vom Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen verwendet werden, um Gebäude zu lokalisieren.

Dass bei sämtlichen Geokoordinaten die Details und Parameter (EPSG) zu beachten sind, verwundert nicht. EPSG steht für European Petroleum Survey Group Geodesy, und wer das Erdöl hat, will auch genau wissen, wo dieses ist. Mit Google Maps und den Navigationssystemen ist die Geokodierung in alle Haushalte eingezogen und nicht mehr Monopol der Kriegsherren, Versorger und Strategen. Sämtliche Nomenklaturen bergen Überraschungen. Wer seine Marktforschung und Vertriebsplanung mittels Postleitzahlen vereinfacht, wird irgendwann erkennen, dass es von 2491 zu 7053 nicht weit ist, denn beide Postleitzahlen gehören zur nordburgenländischen Gemeinde Hornstein. Ein Drittel der Gebäude soll mit 2491, zwei Drittel mit 7053 adressiert werden. Postleitzahlen werden selten für ganze Gemeinden einheitlich vergeben, vielmehr plant die Post mit einer österreichweiten Gebäudedatenbank ihre Logistik auf Zahlenbasis. Am Ende dieser Kette steht ein für das Gebäude zuständiges Postamt, das eben oft über Gemeinde, Bezirks- und sogar Bundeslandgrenzen zuständig ist.

Eine Landebahn, vier Gemeinden
Wer am Flughafen Wien am Terminal 3 eine hohes Boardinggate bekommt, überschreitet bei F32 die Grenze zu Fischamend, die Landebahn 16/34 erstreckt sich, ebenso wie das IZ NÖ-Süd, über ganze vier Gemeinden. Laxenburg, Guntramsdorf und Biedermannsdorf dürfen sich wie Wiener Neudorf über Kommunalabgaben freuen. Interessant dabei ist, dass trotz dieser Interessenslage die Firmen in Grenzlage vielfach formal falsch eingetragen sind, PLZ und Ortseintrag nicht der Gemeindezugehörigkeit entsprechen. Postleitzahlen und Gemeindegrenzen sind aber auch einem stetigen Wandel unterworfen, die Steiermark halbierte am 1. 1. 2015 die Anzahl ihrer Gemeinden auf nunmehr 287, und obwohl kaum jemand an diesem Stichtag übersiedelte, änderten sich viele Adressen an diesem Stichtag.

Straßenvermehrung
Dass der Österreicher, bekannt für Traditionsbewusstsein und Beharrlichkeit, dies nicht am Stichtag umsetzt, lässt sich anhand vieler kleiner Adressreformen in den letzten 50 Jahren erkennen. Obwohl in Lech am Arlberg die heute gültigen Adressen („Mehr-Straßen-System“) schon 1969 eingeführt wurden, tauchen vielerorts noch die alten Schreibweisen auf. Ein Blick ins Firmenbuch oder Gewerberegister spricht Bände. Jahr für Jahr kommen weitere Gemeinden dazu und multiplizieren die Anzahl der Straßen in der Gemeinde. Für den lokalen Zusteller ist die alte Schreibweise offensichtlich kein Problem, die Sendungen werden alle zugestellt, selbst wenn die Adresse „Haus am Bach“ lautet. Wer diese Daten allerdings visualisieren will, also geokodieren muss, erlebt Überraschungen, denn ohne historische Ident-Daten oder weitere Datenquellen lässt sich der kartografische Standort dieser Adressen nicht ermitteln. Im Portal der Wirtschaftskammer sind deshalb die meisten Hotels in Lech am selben Standort (Ortsmittelpunkt), Google gelingt es durch den Einsatz mehrerer Datenquellen, viele dieser Betriebe doch „auch“ korrekt anzuzeigen. „Auch“ deshalb, weil die Suchmaschine im Zweifel das Unternehmen mehrfach anzeigt, je nachdem, wie die Algorithmen die unterschiedlichen Schreibformen interpretieren. Wo das Brauchtum zuschlägt, gilt es, nicht nur alte amtliche Adressen, sondern eben „Haus & Hofnamen aller Art“ zu konvertieren. Und manche Website verwendet beharrlich die traditionsreichen Adressen und hilft dem Ortsfremden mit einer Adressenschreibweise für Navigationsgeräte. Als Tribut an den Zentralismus.

Dass die Google-Algorithmen bei historischen Schreibweisen meist kapitulieren, erkennt man im Vergleich von dokumentierten identen Gebäuden in alter und neuer Schreibweise. Die neue Schreibweise ist richtig „200 Meter südlich der Kirche“, die alte „800 Meter nördlich der Kirche“. Bei einem anspruchsvollen dreistelligen Sample wusste die Suchmaschine 95 Prozent der Fragen falsch zu beantworten, nur jedes zwanzigste Mal konnte Google den Ort nicht finden. Das Gebot, „erst denken, dann sprechen“, hat im Zeitalter des digitalen Overkills ausgedient.

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